Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen in Österreich. Hierzulande sind fast 20.000 Menschen von der Krankheit betroffen. Die Erkrankung ist zwar nicht heilbar, jedoch behandelbar – je früher, desto besser. „Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der es zu einer Abnahme von Dopamin-produzierenden Zellen im Gehirn kommt. Je mehr Zellen abgebaut sind, desto weniger körpereigenes Dopamin hat man zur Verfügung und desto schwieriger wird es mit dem Wenigen, das noch da ist, hauszuhalten“, erklärt Oberarzt Dr. Ronald Saurugg, Spezialist für neurologische Erkrankungen und Bewegungsstörungen. Durch einen Dopaminmangel wird ein Prozess in Gang gesetzt, der Teile des Gehirns unwiederbringlich zerstört. Die Zerstörung äußert sich mit den typischen Symptomen der Parkinsonerkrankung. Diese sind Zittern, Muskelsteifigkeit (Bewegungen sind nicht mehr flüssig) und einer Bewegungsverlangsamung. „Sind diese Symptome bereits offensichtlich, sind bereits bis zu 80 Prozent der Dopamin produzierenden Zellen im Gehirn kaputt“, betont der Experte. Eine frühe Diagnose ist deshalb ganz besonders wichtig.
Vorzeichen von Parkinson
Über Biomarker kann man bereits 30 Jahre vor dem offensichtlichen Ausbruch der Erkrankung erkennen, dass Parkinson auftreten könnte. Noch würde diese Möglichkeit jedoch nicht in der Prävention genutzt, sondern nur in wissenschaftlichen Untersuchungen. „Es ist keine Standarduntersuchung“, so Dr. Ronald Saurugg. In der Prävention gearbeitet wird indes mit anderen Anzeichen, die oft viel früher als die allseits bekannten motorischen Störungen auftreten. Menschen mit Parkinson haben oft Jahre zuvor Riechstörungen. Auch Verdauungsstörungen spielen sehr früh in der Erkrankung eine Rolle. Neueste Forschungen lassen vermuten, dass die Krankheit im Verdauungstrakt ihren Ursprung hat und von dort über den Vagusnerv in das Gehirn aufsteigt. Auch unspezifische Schulterschmerzen (die vom Orthopäden nicht eingeordnet werden können) sind sehr frühe Symptome. „Retrospektiv zeigt sich oft, dass der betroffene Arm dann später auch vom Zittern betroffen ist“, weiß der Neurologe. Oft gehen auch Depressionen den klassischen Symptomen voraus. Treten diese Symptome kombiniert auf, kann hier die Früherkennung ansetzen. Gut zu wissen: Nicht jeder, der zittert, hat Parkinson und nicht jeder an Parkinson Erkrankte zittert.
Wie wird eine Diagnose gestellt?
Grundsätzlich erfolgt die Diagnose durch die Untersuchung eines in Bewegungsstörungen geschulten Neurologen. „Zu Lebzeiten gibt es leider noch keinerlei Untersuchungsmöglichkeit, die Parkinson zu hundert Prozent diagnostizieren kann. Es gibt aber sehr wohl viele ergänzende Untersuchungen, die den klinischen Eindruck in der Diagnose bestärken“, erklärt Oberarzt Dr. Ronald Saurugg die Diagnosestellung. Ein wesentlicher und aussagekräftiger Teil der Befundung ist auch eine Magnetresonanztomographie vom Gehirn. Ergänzend stehen Geruchstests, Ultraschalluntersuchungen des Gehirns, aber auch funktionelle Bildgebungen des Gehirns zur Verfügung.
Behandlung schnellstmöglich starten
Sobald Symptome da sind, gehören diese behandelt. „Mit den neuen zur Verfügung stehenden Medikamenten können wir den Verlauf der Erkrankung zwar nicht aufhalten, aber gut beeinflussen“, macht Dr. Saurugg Betroffenen Hoffnung. Wichtig dabei, kein Fall gleicht dem anderen. Deshalb sind Therapien immer individuell auf die Patientinnen und Patienten zugeschnitten. Therapien gehen weit über die medikamentöse Behandlung hinaus. „Grundsätzlich arbeiten wir sehr multidisziplinär“, erklärt der Arzt. Involviert sind auch Ergotherapeuten, Logopäden, bis hin zur Hauskrankenpflege. Denn, es sei wichtig „um die Betroffenen ein Sicherheitsnetz zu spannen, um sie zu unterstützen“. Sehr gute Ergebnisse erzielen auch spezielle Bewegungsprogramme. Betroffene üben dabei, große und weite Bewegungen auszuführen.
Leben mit Parkinson
Heutzutage steht eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung, die es ermöglichen, Arbeit und Alltag gut zu bewältigen. Wichtig dabei ist, sehr früh mit der passenden Therapie zu beginnen. „Nicht immer zeigt das erste Medikament die beste Wirkung. Da sollte man sich nicht frustrieren lassen“, gibt Dr. Ronald Saurugg zu bedenken. Für fortgeschrittene Krankheitsstadien – wenn die Selbstständigkeit nachlässt – gibt es verschiedene Hilfsmittel, zum Beispiel Griffverdickungen beim Besteck, Anziehhilfen für Socken oder Sensoren, die am Körper getragen werden und einen daran erinnern, eine gerade Haltung einzunehmen oder mit Lichtsignalen dabei helfen, den ersten Schritt zu machen.
Die Diagnose ist nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch sein engstes Umfeld ein Schock. Das kann sich auch auf die Psyche auswirken. Gut zu wissen: Psychiatrische Symptome sind auch Teil der Erkrankung, beispielsweise Depressionen oder Demenz. Wichtig sei auch die Aufklärung von Angehörigen darüber, dass Patientinnen und Patienten in fortgeschrittenem Stadium emotionale Situationen des Gegenübers nicht mehr richtig einschätzen können und dass Stimmungsschwankungen auftreten können, so Dr. Ronald Saurugg. „Ich rate Betroffenen dazu, offen über ihre Krankheit zu sprechen. Denn die Erfahrung zeigt, je mehr man versucht die Symptome zu unterdrücken, desto stärker werden sie.“
Große Probleme für die Angehörigen sind Halluzinationen bei Patientinnen und Patienten. Sobald diese auftreten, auch wenn es nur harmlose Halluzinationen sind, sollte man dem behandelnden Arzt sofort Bescheid geben, damit sie behandelt werden können. Ebenso bei Stimmungsschwankungen, auch diese können gut therapiert werden. Dr. Saurugg rät zu regelmäßigen Kontrollen und dazu, „offen über die Problemstellungen mit dem Neurologen zu sprechen“.
Gibt es Präventionsmöglichkeiten?
„Man muss grundsätzlich unterscheiden zwischen der eigentlichen Parkinsonerkrankung und Parkinsonerkrankungen, die sekundär auftreten, also Folgeerkrankungen“, erklärt Dr. Ronald Saurugg. So kann etwa durch viele kleine Schlaganfälle eine Parkinsonsymptomatik entstehen. In diesem Fall ist die Schlaganfallprävention wichtig. Auch Kohlenmonoxidvergiftungen können zu Parkinsonsymptomatik führen. Bei der echten Erkrankung gibt es nicht wirklich Präventionsmaßnahmen. „Faktum ist, wir wissen bis heute nicht, warum Parkinson entsteht und was dafür verantwortlich ist“, so der Arzt. Grundsätzlich gebe es vererbte Formen der Parkinsonerkrankung. Diese seien aber in unseren Regionen seltener. Parkinson gilt bei uns immer noch als Erkrankung des mittleren Alters. Studien zeigen jedoch, dass der Beginn wesentlich früher ist.
Gesunde Ernährung, Bewegung, ausreichend Trinken sind zur Vorbeugung für ein gesundes Leben generell wichtig. „Fatalerweise verlieren wir im Alter oft das Durstgefühl – auch im Rahmen des gesunden Alterns“, betont der Experte. Bei Patientinnen und Patienten mit Parkinson und Demenz reagiere das Gehirn besonders sensibel auf Flüssigkeitsmangel. Symptome können dadurch verstärkt oder sogar hervorgerufen werden. „Das Gehirn muss gut gegossen werden“, so der abschließende Tipp des Neurologen.
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