Sie können harmlos sein, sie können sehr lange unbemerkt bleiben, aber sie können auch starke Beschwerden verursachen und auf andere Erkrankungen hinweisen – Herzrhythmusstörungen.
Doch in welchem Rhythmus sollte ein Herz eigentlich schlagen? „Da gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede”, weiß Prim. Andreas Ochsenhofer, „Frauenherzen schlagen etwas schneller, Männerherzen etwas langsamer. Grundsätzlich sollte die Frequenz im Ruhezustand zwischen 60 und 80 Schläge betragen. Wir haben in Oberwart aber ein elektrophysiologisches Labor, das uns ermöglicht, Herzrhythmusstörungen zu erkennen und speziell zu behandeln.”
Von „Herzstolpern“ bis „Herzrasen“
Aber was ist eine Herzrhythmusstörung genau, wie fühlt sie sich an und was sind Symptome? Ochsenhofer: „Das Herz hat eine ganz strikte und klare elektrische Ablaufplanung. Es gibt verschiedene Zentren, die nacheinander verschalten sind. Rhythmusstörungen haben verschiedene Ursachen. Diese können durch strukturelle Herzerkrankungen ausgelöst werden, etwa nach einem Herzinfarkt. Sie können aber auch durch fehlerhafte Potentiale in der Vorhof-Ebene ausgelöst werden, die auch gesunde Menschen betreffen können. Diese Probleme werden von Patientinnen und Patienten oft als ‚Herzstolpern‘ beschrieben. Manchmal kann daraus ein ‚Herzrasen‘ werden, was meistens ein Indiz dafür ist, dass eine behandlungsbedürftige Problematik vorliegt.“
Die genaue Diagnose erfolgt grundsätzlich mittels EKG. Es gibt Aufzeichnungsmöglichkeiten wie Event-Rekorder, mobile Geräte, die den Patientinnen und Patienten mitgegeben werden oder auch implantierbare Devices. „Viele Menschen verwenden heutzutage auch Smart-Watches, mit denen ebenfalls EKG-Aufzeichnungen in guter Qualität gelingen und die uns Elektrophysiologen schon gute Hinweise auf das tatsächliche Ziel-Substrat liefern“, so der Primar.
Unterschiedliche Schweregrade
Es gibt auch harmlose Faktoren, warum das Herz „rast“ oder „stolpert“. Stress etwa triggert Extra-Schläge des Herzens, die allerdings nicht jeder oder jede spürt. Übermüdung kann ebenfalls ein Mitauslöser sein. „Auf der anderen Seite haben wir strukturelle Probleme nach Herzinfarkten, wo auf Zellebene schwere Schädigungen vorliegen. Aus diesen Narbenarealen können bösartige Trigger kommen. Hier kann es notwendig sein, Defibrillatoren zu implantieren“, berichtet Ochsenhofer aus der Praxis. Also muss man unterscheiden: Es gibt Herzrhythmusstörungen, die sind tatsächlich lebensbedrohlich und es gibt Störungen, die jeder haben kann und die leicht zu behandeln sind.
Körperliche Faktoren als Auslöser
Schilddrüsenüberfunktion ist eine Erkrankung, die zu Rhythmusstörungen führen kann. Bekommt man die Schilddrüsen-Problematik in den Griff, wirkt sich das positiv auf das Reizleitungssystem aus. Ochsenhofer: „Wichtig ist zu erforschen: Mit welchen Problemen oder Beschwerden kommt der Patient zu uns? Ist es ‚nur‘ so, dass der Patient Extra-Schläge spürt? Oder reichen die Symptome so weit, dass er das Gefühl hat, beinahe das Bewusstsein zu verlieren? Das ist entscheidend für die weitere Therapie.“
Was passiert, wenn Herzrhythmusstörungen unbehandelt bleiben? Je schneller eine Herzrhythmusstörung läuft, desto eher wirkt sie sich auch auf den Kreislauf aus. Und umso schneller spüren Patientinnen und Patienten dann Symptome – von Schwitzen über Schwindel bis hin zum Bewusstseinsverlust. „Bei Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern können sich Thromben bilden, die ins Gehirn gelangen und Schlaganfälle verursachen“, warnt Ochsenhofer. Das versucht man durch blutverdünnende Medikamente zu verhindern.
Abklärung und Behandlung
Wenn Herzrhythmusstörungen diagnostiziert werden, hängt die Behandlung davon ab, welche weiteren Befunde erhoben werden. Liegt eine strukturelle Herzerkrankung vor? Gibt es anatomische Veränderungen? Wie sehen die Herzkranzgefäße aus? Möglich sind medikamentöse Behandlungen oder es kann, wie bei Vorhofflimmern, im Rahmen einer Kurznarkose mit elektrischer Kardioversion versucht werden, Patientinnen und Patienten zu helfen. Ochsenhofer: „Es kann auch sein, dass der Behandlungspfad zu einer elektrophysiologischen Untersuchung führt, die wir in der Klinik Oberwart als einziges Zentrum im Burgenland anbieten“.
Wenn die Therapie mit Medikamenten nicht anschlägt und die Herzrhythmusstörung jedes Mal zu einer lebensbedrohlichen Situation führt, ist das Implantieren eines Defibrillators empfohlen. Herzschrittmacher wiederum kommen eher dann zum Einsatz, wenn das Herz etwa zu langsam und träge geworden ist.
Vorbeugen! Aber wie?
Der Experte rät: „Gesunde Lebensweise, Alkohol nur in Maßen und nicht rauchen – das ist das Vorsorge-Basispaket für alle Herzerkrankungen. Dazu kommt ein möglichst guter Umgang mit Stress und eine ausgewogene Ernährung.“ Wer selbst eine Rhythmusstörung spürt, gerät automatisch in eine Stress-Situation. Kann man hier etwas dagegen tun, bevor man sich in ärztliche Behandlung begibt? „Bei Vorhof-Tachykardien, bei denen das Herz für einige Minuten schneller schlägt, gibt es Mechanismen, mit denen man die Herzrhythmusstörungen beenden kann, indem man ein Glas kaltes Wasser trinkt oder einen Valsalva-Versuch macht. Dadurch können wiederum Extra-Schläge ausgelöst werden, die die Störung beenden“, weiß Ochsenhofer. „Man kann auch durch plötzliche Lageveränderung (Aufspringen) eine hämodynamische Veränderung im Kreislauf herbeiführen, die den Rhythmus in Einzelfällen wiederherstellt. Das funktioniert allerdings nur bei eher harmlosen Störungen.“