Gesund durch die Wechseljahre

Oberärztin Dr. Sabine Fartek von der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Oberwart in der Radio Burgenland Sprechstunde mit Moderatorin Nicole Aigner zum Thema Wechselbeschwerden.

Um die 50 herum beginnen für viele Frauen die Wechseljahre. Erste Anzeichen können bereits ab dem 40. Lebensjahr auftreten. Diese können sehr unterschiedlich sein. „Blutungsstörungen mit verlängertem oder verkürztem Zyklus oder auch verstärkte Blutungen“, skizziert Oberärztin Dr. Sabine Fartek von der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Oberwart mögliche Symptome. Und weiter: „Es kommt zu einem Hormonungleichgewicht. Östrogen kann zunächst überschießend produziert werden. Das macht sich mit Brustspannen, Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme oder Stimmungsschwankungen bemerkbar.“

Viele Frauen leiden auch unter den berühmt-berüchtigten Hitzewallungen und Nachtschweiß. Diese treten bei bis zu 80 Prozent der Frauen auf. Neben Blutungsstörungen kommt es auch oft zu psychischen Problemen bis hin zu Depressionen sowie zu Schlafstörungen. Die gute Nachricht: Gegen all diese Probleme gibt es Möglichkeiten vorzugehen.

Erhöhtes Risiko für Erkrankungen

„Östrogen wirkt sich positiv auf unsere Gefäße aus. Deshalb haben Frauen auch eher einen niedrigeren Blutdruck“, erklärt die Expertin. Fehlt die schützende Wirkung des Östrogens, können vermehrt Krankheiten auftreten. Auch auf die Knochengesundheit hat das fehlende Hormon eine Wirkung. „Die Knochendichte kann abnehmen, was zu Osteoporose sowie zu höherem Frakturrisiko führen kann“, verdeutlicht die Oberärztin. Vermehrte Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie erhöhter Blutdruck oder erhöhtes Herzinfarkt-Risiko, sind möglich. Aufgrund des Alters an sich steigt auch das Brustkrebsrisiko, sowie das Risiko an Gebärmutterkrebs oder Eierstockkrebs zu erkranken. Beides muss nicht unbedingt mit dem Östrogenmangel in Zusammenhang stehen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen

Bewegung, Sport und Ernährung: Alle drei sind wichtige Faktoren, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. „Bei der Ernährung empfehle ich grundsätzlich eine mediterrane Diät mit Olivenöl, viel Fisch, wenig rotem Fleisch und wenig Alkohol“, so Dr. Sabine Fartek. Auch vom Rauchen wird strikt abgeraten. Gut zu wissen: In den Wechseljahren sinkt der Grundumsatz des Organismus. „Das heißt, bei gleicher Ernährung nehmen wir auch leichter zu. Es macht Sinn, die eigenen Ernährungsgewohnheiten prinzipiell zu überdenken und sie zu ändern, um Beschwerden entgegenzuwirken“, so der Tipp der Gynäkologin. Beginnen sollten Frauen damit am besten bereits ab den ersten Symptomen.

Was kann man gegen die Beschwerden tun?

Eine Möglichkeit Beschwerden zu bekämpfen ist, seinen Lebensstil zu adaptieren. Bei Hitzewallungen könne man etwa bei der Bekleidung ansetzen und auf das Zwiebelschalenprinzip umsteigen – damit man etwas ablegen kann, wenn es einem heiß wird. Sport wirkt sich zudem gut auf Psyche und Schlaf aus.
Und Nahrungsergänzungsmittel und Hormone? „Was die Hormonersatztherapie betrifft, hat es in den 1990er- und 2000er-Jahren Studien gegeben, die eventuell zu falschen Schlüssen geführt haben“, weiß die Fachfrau. „In diese Studien wurden Frauen miteingeschlossen, die erhöhte Risikofaktoren hatten, wie Übergewicht oder Thromboserisiken, und denen man heutzutage nicht unbedingt eine Hormontherapie zuführen würde.“ Würde in der Anamnese festgestellt, dass es kaum Risikofaktoren gibt, könne eine Hormontherapie die Beschwerden deutlich lindern. Die Therapie sollte jedoch nicht länger als fünf Jahre dauern. Die Ausgangsposition sei wesentlich. „Es macht auch einen Unterschied, ob man die Gebärmutter noch hat oder nicht. Wenn man sie noch hat, müsste man eine kombinierte Hormontherapie verabreichen mit, Gestagen und Östrogen, um das Risiko eines Gebärmutterkrebses zu senken. Wenn man keine Gebärmutter mehr hat, reicht eine Östrogentherapie alleine aus. Diese ist mittlerweile sehr sicher. Die Hormone sind besser als ihr Ruf. Nach einer Neubewertung der Studie weiß man, dass es nicht wesentlich gefährlicher ist, wie wenn man keine Hormone nimmt“, klärt Dr. Sabine Fartek auf.

Kalzium und Vitamin D sind wichtig für die Knochen. „Hier kann man auch bei der Ernährung darauf achten, mehr Milchprodukte, Nüsse, grünes Gemüse, das viel Kalzium enthält, zu sich zu nehmen“, weiß die Expertin. Vitamin D ist notwendig, damit der Körper das Kalzium aufnehmen und einbauen kann. Auf ausreichend Sonnenlicht achten!

Für Nahrungsergänzungsmittel gibt die Expertin keine direkte Empfehlung ab. Sogenannte Phytoöstrogene, das heißt pflanzliche Wirkstoffe, die dem Östrogen sehr ähnlich sind, sind in Soja und Rotklee enthalten. „Auch hier kann es Nebenwirkungen geben. Gibt man sie unkontrolliert, kann sich auch hier das Karzinomrisiko erhöhen. Also nur in Absprache mit dem Facharzt oder der Fachärztin einnehmen“, betont die Oberärztin.

Auf und Ab der Hormone

Prinzipiell gibt es während den Wechseljahren ein Auf und Ab der Hormone. Durch das Hormonungleichgewicht kann es einmal einen Hormonüberschuss und ein anders Mal eine Hormonunterversorgung geben. In dieser Zeit sei es sinnvoll, regelmäßig Kontrollen bei der Fachärztin oder beim Facharzt zu machen, um die Beschwerden neu zu besprechen und gegebenenfalls Therapien neu einzustellen.

Vom übermäßigen Verzehr stark gewürzter Speisen und Koffein rät die Expertin ab. Beides kann Hitzewallungen verstärken. Auf den Speiseplan gehören indes Fisch, Olivenöl und prinzipiell pflanzliche Öle, grünes Gemüse, Obst, viel Wasser, wenig gezuckerte Getränke und wenig Zucker.

Auch die psychische Komponente ist in dieser Zeit nicht zu unterschätzen. „Schlafmangel und Stimmungsschwankungen spielen sich hoch. Es macht durchaus Sinn, hier anzusetzen, möglicherweise mit einer Psychotherapie oder Verhaltenstherapie, Entspannungsübungen, Hypnose“, so der Tipp von Oberärztin Dr. Fartek. Man könne in Bezug auf Depressionen, Stimmungsschwankungen, aber auch was die Hitzewallungen bzw. den Nachtschweiß betrifft, moderne Antidepressiva einsetzen.

Frauen sichtbar machen

Frauen werden mit dem Alter in der Gesellschaft oft „unsichtbar“. „Ja, hier braucht es Veränderungen in der Gesellschaft“, betont die Expertin. Eine Möglichkeit sei es, sich in Selbsthilfegruppen zusammenzutun und mehr nach außen zu gehen, um sichtbarer zu werden.

Ganz wichtig: Frauen sollen weiterhin regelmäßig zum Frauenarzt oder zur Frauenärztin zu gehen, obwohl die sexuelle Aktivität vielleicht abnimmt. „Viele Erkrankungen, wie etwa Krebserkrankungen, nehmen im Alter zu. Es ist sehr wichtig, das Krebsfrüherkennungsprogramm weiter fortzuführen, jährlich den Krebsabstrich und Brustuntersuchungen zu machen und veränderte Wechselbeschwerden zu besprechen“, so die Frauenärztin.

Weniger Lust auf Sex

Bei vielen Frauen nimmt in den Wechseljahren die Libido ab. Das ist ganz normal. Das muss aber nicht so sein. Auch hier gäbe es Hilfe, entweder mittels Hormon- oder Verhaltenstherapie, Gesprächs- oder Sexualtherapie gemeinsam mit dem Partner. Denn ein gesundes Sexualleben ist auch für den Allgemeinzustand wichtig.

Was viele nicht wissen: Auch Männer kommen in den Wechsel. Allerdings spüren Männer den Wechsel hormonell gesehen nicht so drastisch wie Frauen, da die Hormonumstellung weniger dramatisch sei. Sinkt der Testosteronspiegel, kann es auch beim Mann zu Libidoverlust oder Antriebslosigkeit kommen. Zudem schwindet die Muskelmasse.

Schlechtes Image für Frauen im Wechsel

Das Image von Frauen im Wechsel ist oft negativ. Sie werden als launenhaft und nicht so gut belastbar bezeichnet. „Vielleicht sind das gewisse Vorurteile, gegen die man ankämpfen muss“, wiegt die Oberärztin ab. Sie persönlich erlebe es aber oft umgekehrt, das heißt, dass Frauen nach den Wechseljahren entspannter sind, mehr Ruhe haben, auch weil sie die Kindererziehung hinter sich haben.

Es könne sogar eine Bereicherung sein, diese Phase bewusst durchzuleben und sich bewusst mit seinem Körper auseinanderzusetzen und den Wechsel als Teil seines natürlichen Lebens anzunehmen. Schließlich gehöre diese Phase zum Leben dazu.