„Die Ernährung ist ein Teil der Medizin“

Iris Stimpfl, Diätologin in der Klinik Oberwart
Iris Stimpfl, Diätologin in der Klinik Oberwart, in der Radio Burgenland Sprechstunde über die Bedeutung der Ernährung im Allgemeinen sowie im Heilungsprozess.

Zu viel Zucker und Fett, zu wenig ballaststoffreiche Lebensmittel – so setzt sich die Nahrung durchschnittlicher Burgenländer*innen zusammen. Anlässlich der Fastenzeit und des Tages der gesunden Ernährung am 7. März sprach ORF-Moderatorin Nicole Aigner in der Radio Burgenland Sprechstunde mit der Diätologin Iris Stimpfl aus der Klinik Oberwart über gesunde Ernährung. Woran krankt es in der Wohlstandsgesellschaft in Bezug auf Ernährung, so die Eröffnungsfrage. „Es ist leider üblich, dass man zu viele zucker- und fettreiche Lebensmittel und zu wenig Ballaststoffe aufnimmt. Das hat negative Auswirkungen, vor allem auf unsere Darmflora, das sogenannte Mikrobiom“, erklärt die Ernährungsexpertin. Das Mikrobiom ist ganz besonders wichtig für die Allergieprävention. Darmbakterien korrelieren nämlich sehr eng mit dem Immunsystem, das heißt, sie trainieren den Körper in Bezug auf Fremdstoffe. Dadurch ist dieser besser vor Allergenen geschützt.

Gesunde Ernährung macht gesünder

Gesunde Ernährung macht gesünder, so der Tenor. „Unsere Darmbakterien werden durch eine ballaststoffreiche Ernährung gut gefüttert und das tut dem ganzen Körper gut“, erklärt Diätologin Iris Stimpfl. In unserer heutigen Gesellschaft beobachtet sie zwei wesentliche Extreme, einerseits den vermehrten Fast Food-Konsum und andererseits die Sucht, sich richtig zu ernähren, auch Orthorexie genannt. „Infolge der Berufstätigkeit fehlt uns oft die Zeit fürs Kochen und die Bereitstellung einer gesunden Mahlzeit. Die Lebensmittelindustrie reagiert darauf und stellt vermehrt Lebensmittelprodukte zur Verfügung. Das erleichtert zwar den Alltag. Durch Fertigprodukte und Junkfood werden jedoch auch sehr viele Stoffe aufgenommen, die nicht gesund sind“, warnt die Diätologin. Eine wesentliche Rolle spielen auch die sozialen Medien, welche die Menschen teils stark beeinflussen. „In diesen wird oft das Idealbild eines schönen Körpers vorgegaukelt. Um dieses zu erreichen wird den Menschen eine strikte Diät angeraten. Nimmt man diese Ratschläge zu ernst und filtert sie nicht, dann kommt man oft in eine Spirale hinein, die zu einem richtigen Suchtverhalten führt. Dadurch kann es zu einer krankhaften Version der richtigen Ernährung kommen“, so Stimpfl.

Wie sieht eine gesunde, bewusste Ernährung aus?

Eine bewusste, gesunde Ernährung ist eine sehr abwechslungsreiche Ernährung, die alle nötigen Nährstoffe abdeckt. Früher sei die Ernährung im Südburgenland bzw. in Südostösterreich sehr fleischlastig gewesen. Davon würde man immer stärker zurückgehen. Es sei aber nicht notwendig, komplett auf tierisches Eiweiß zu verzichten. Eine vegetarische Kost, die Milchprodukte und Eier enthält und auch ab und zu ein Stück Fleisch in hoher Qualität (regional und saisonal) sei anzuraten. Eine strikt vegane Ernährung müsse nicht sein. „Ein kompletter Verzicht auf tierische Produkte ist aus jetziger Sicht der Wissenschaft nicht unbedingt anzuraten“, verdeutlicht die Diätologin.

Arbeit der Diätolog*innen in der Klinik

In der Klinik Oberwart wird das diätologische Team auf den Stationen eingesetzt. Die Themenbereiche sind sehr weit gestreut und reichen von der Betreuung von onkologischen über internistische bis hin zu chirurgischen Patient*innen, welche vor oder nach Operationen intensiv betreut werden müssen. Auch auf der Kinderstation besteht Bedarf. Dort seien die Diätolog*innen häufig mit dem Thema Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten konfrontiert. „Unsere Hauptaufgabe ist, dass unsere Patient*innen schnell wieder gesund werden“, so Stimpfl.

Ernährung ist ein Teil der Medizin

„Die Ernährung ist ein Teil der Medizin. Sie ist genauso Therapie wie ein Medikament und deshalb für alle Patient*innen extrem wichtig“, betont die Ernährungsspezialistin. Viele Patient*innen brauchen spezielle Diäten. Hier dienen die Diätolog*innen als Ansprechpartner*innen. Sie sorgen dafür, dass alle Patient*innen das für sie, im Sinne der schnellen Heilung, richtige Essen erhalten und schulen die Patient*innen dahingehend, sodass diese auch zuhause ihre Diät umsetzen können. Wichtig zu betonen sei: Bei einer Diät geht es nicht in erster Linie ums Abnehmen. Als Diät bezeichnet man jede Kostform, die einer speziellen Ernährungsweise bedarf.

Stimpfl appelliert, saisonal und regional zu essen. So könne man einerseits der Umwelt etwas Gutes tun (kurze Transportwege) und die heimischen Produzent*innen unterstützen. Gutes Essen sei ein wichtiger Teil der Lebensqualität. Auch in der Klinik sind die Mahlzeiten oft das Highlight des Tages, vor allem ältere Menschen würden sich darauf freuen.